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Gibt es Gicht auch bei Frauen?

Foto: Suriyawut Suriya via Shutterstock

Schon aus dem antiken Griechenland ist überliefert: Frauen sind ab der Menopause betroffen. Folgendes Originalzitat aus dem Altertum ist zwar frauenfeindlich überliefert, jedoch immer noch wahr: „In dieser Zeit konkurrieren Frauen in jeder Art von Laster mit den Männern […], so über-rascht es nicht, dass das weibliche Geschlecht so oft von der Gicht geplagt ist.“ (Seneca)

OA Raimund Lunzer 

Leitung Rheumaambulanz, Krankenhaus der Barmherzigen
Brüder Graz
Foto: ZVG

Östrogen senkt die Harnsäure, letztere ist bei langfristiger Erhöhung für den Gichtanfall verantwortlich. Trotzdem entwickeln nicht alle Patientinnen mit erhöhter Harnsäure Gicht; umgekehrt schließt ein normaler Harnsäurewert den Gichtanfall nicht aus, bei dem es sich um akute, sehr schmerzhafte Gelenkentzündungen handelt.

Wie sieht Gicht bei Frauen aus?

Oft betroffen sind Finger, Handwurzel- oder Kniegelenke. Weil in diesen Bereichen aber auch entzündliche Abnützungen oder Gelenksinfektionen sehr schmerzhaft und plötzlich auftreten können, wird seltener an Gicht gedacht. Sie ist häufig mit weiteren Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Herzschwäche oder Übergewicht sowie wie mit Herzinfarkt und Schlaganfall assoziiert. 

Wie kommt die Harnsäure ins Spiel?

Harnsäure entsteht beim DNA-Abbau. Zellkernreiche Ernährung führt also zur Harnsäureerhöhung im Serum. Grundsätzlich hat sie als „Radikalfängerin“ sogar eine wichtige Schutzfunktion: An Demenz und Alzheimer Erkrankte weisen sehr geringe Harnsäurespiegel auf, intelligente Menschen einen höheren. Ist die Harnsäure zu lange zu hoch, nimmt die Entzündung ihren Lauf. Das Großzehengrundgelenk ist hier deshalb das plakative „Mustergelenk“, weil bei stammfernen Gelenken geringere Temperaturen und pH-Werte die Entzündung begünstigen. Doch auch andere Gelenke wie die Wirbelsäule können Gicht aufweisen.

Therapieformen

Wenn der Gichtanfall „an der Bar nach dem dritten Bier“ auftritt, gibt es ein Medikament, das rasch hilft. Nimmt man erst zwei Tage später ärztliche Hilfe in Anspruch, werden andere verabreicht. Optimal ist eine Lokaltherapie am betroffenen Gelenk, die sofort hilft, aber nicht immer verfügbar ist. 

Bei einem entzündeten Gelenk ist nicht immer klar, ob es sich um Gicht oder z. B. eine Gelenksinfektion handelt. Somit schafft eine differenzialdiagnostische Untersuchung hier Klarheit. Es gibt Akuttherapien, die nicht immer vertragen werden, Therapien, die von hohem Blutdruck oder Diabetes limitiert werden, und hocheffektive, die die Entzündung kurzfristig blockieren aber teuer sind (>1000 € pro Monat).

Mehr Purin in den Urin!

Wichtig ist, dass eine Akuttherapie die Ursache der Gicht, die erhöhte Harnsäure, nicht behebt. Dafür sind harnsäuresenkende Medikamente nötig, die wiederum bei der Entzündung nicht wirken.

Ist Genuss verboten?

Bekanntlich ist unsere Ernährung zu harnsäurelastig: Alkohol, Fleisch, Krustentiere, Innereien. Interessant hierbei: Auch alkoholfreies Bier erhöht die Harnsäure. Fleisch gekocht enthält kaum Harnsäure; Rindsuppe hingegen sehr viel. Bei Fisch ist nur die Haut schlecht.

Zu strenge Ernährungsvorgaben sind kontraproduktiv, denn durch eine Ernährungsumstellung lassen sich nur 14–16 % der Harnsäure beeinflussen.

Problematisch ist aber künstlicher Zucker (Fructose), weil er die Harnsäure um ein Vielfaches erhöht. Positiv wirken sich Montmorency Kirschen auf die Harnsäurereduktion aus. 

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