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Wann die Urologie auch etwas für Frauen ist

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Blut im Harn? Blasenentzündung oder doch Blasenkrebs? Der Urologe Dr. Kilian M. Gust von der Universitätsklinik für Urologie der Medizinischen Universität Wien erklärt, warum es wichtig ist, ganz ohne Panik etwaige Symptome abklären zu lassen.

Dr. Kilian M. Gust

FEBU Facharzt für Urologie Universitätsklinik für Urologie Medizinische Universität Wien

Foto: Meduni Wien / F. MATERN

Welche Symptome hat Blasenkrebs und wo unterscheiden sich diese vielleicht von Blasenentzündungen?

Eines der Hauptsymptome beim Blasenkarzinom ist die Hämaturie, also das sichtbare Blut im Harn. Das kann gleichzeitig auch ein Symptom für eine Harnwegsinfektion sein. Daher können wir anhand dieses Symptoms im ersten Moment leider nicht wirklich unterscheiden, ob es sich um eine gutartige Infektion handelt, oder ob ein bösartiger Tumor dahintersteckt.

Gibt es dadurch auch Probleme in der Diagnose von Blasenkrebs?

Bis zu 10 % der Patientinnen und Patienten mit einer sichtbaren Hämaturie haben tatsächlich auch einen Tumor im Bereich des Harntraktes. Frauen haben über die Jahre eine viel höhere Rate als Männer, an Harnwegsinfektionen zu erkranken. Aber insbesondere bei Frauen über 60 Jahren kann die Hämaturie ein Alarmzeichen sein. Die Abklärungsrate bei Männern ist viel höher als bei Frauen. Wir haben in Österreich kein Screening-Programm für das Blasenkarzinom, denn das Blasenkarzinom ist ein relativ seltener Tumor mit etwa 1.600 Neuerkrankungen pro Jahr in Österreich. Ein Viertel davon sind im Übrigen Frauen.

Warum sollte man dennoch nicht gleich in Panik geraten, wenn man entsprechende Symptome hat?

Genau, man muss sicherlich nicht gleich in Panik geraten. Dennoch ist sichtbares Blut im Harn etwas, das von einer Urologin bzw. einem Urologen abgeklärt werden sollte.

Urologie klingt im ersten Moment ja nach etwas, das nur für Männer relevant ist, oder?

Völlig richtig! Es wird immer so abgetan, als wäre die Urologie nur etwas für Männer. Aber in der Urologie behandeln wir nicht nur gutartige und bösartige Erkrankungen von Männern, sondern auch von Kindern und Frauen.

Wann aber sollten nun Frauen zum Urologen/zur Urologin gehen und was unterscheidet die Urologie in dieser Hinsicht von der Allgemeinmedizin oder der Gynäkologie?

Im Falle einer potenziellen Diagnose einer Krebserkrankung sollte man sich immer bei den jeweiligen Spezialistinnen und Spezialisten vorstellen. Der Harnwegsbereich überschneidet sich gerade bei Frauen mit dem Fachgebiet der Gynäkologie. Die Urologie kann aber bei entsprechenden Symptomen eine viel spezifischere Abklärung, wie eine Blasenspiegelung, einen Blasen-spezifischen Ultraschall oder besondere Harnuntersuchungen durchführen.

Inwiefern spielt der Zeitpunkt der Diagnose von Blasenkrebs bei Frauen eine Rolle?

Bei Frauen liegt der Zeitpunkt der Diagnose oftmals bereits im fortgeschrittenen Tumorstadium. Aber auch unabhängig davon haben Frauen eine schlechtere Prognose. Hierbei spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle – aber auch, dass Frauen aufgrund der Regelblutung und eben häufigeren Harnwegsinfektionen an Blut im Urogenitaltrakt „gewöhnt“ sind. Daher kommt es ebenso zu einer Verzögerung der Diagnose.

Welche Risikofaktoren gibt es für Blasenkrebs? Ist – wie so häufig – Rauchen ein Thema?

Rauchen ist sicherlich der anerkannteste Risikofaktor für das Blasenkarzinom. Wir sehen bei unseren Patientinnen und Patienten, dass über die Hälfte in ihrem Leben geraucht haben. Das hat im weiteren Verlauf auch Auswirkungen auf die Behandlung des Blasenkarzinoms, insbesondere wenn weiter geraucht wird. Dabei ist aber nicht nur das aktive Rauchen, sondern auch das Passivrauchen schädlich. Ein weiterer Risikofaktor ist die berufliche Exposition zu Schadstoffen, wie sie in bestimmten Industriezweigen vorkommen. Aufgrund des Arbeitsschutzes spielt das heute aber eine viel geringere Rolle.

Möchten Sie zum Abschluss unseren – vor allem – Leserinnen noch etwas mitgeben?

Es ist wichtig, dass man beim Auftreten von Symptomen nicht aus Angst vor einer möglichen Krebserkrankung den Weg zu Ärztinnen bzw. Ärzten scheut. Der Großteil der Patientinnen und Patienten mit Blut im Harn hat sicherlich eine gutartige Veränderung oder eine Infektion und kein Blasenkarzinom. Aber es geht darum, Tumorerkrankungen frühzeitig zu diagnostizieren. Denn im Frühstadium ist Blasenkrebs noch gut behandelbar. Man sollte daher keine Angst vor einer möglichen Diagnose haben.

Ich kann deshalb nur jedem raten, dass man bei Blut im Harn sofort eine Urologin oder einen Urologen aufsucht um sicher zu gehen, dass dies keine ernsteren Ursachen hat.

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